Zur Accrochage und den Werken von Kurt Kellner, Bertram Castell & Brandy Brandstätter
Ausstellungszeitraum: 02.02.2023 – 14.04.2023
Künstler: Kurt Kellner – Bertram Castell – Brandy Brandstätter
Fotos: Renè Fadinger
Das Wort Accrochage bedeutete ursprünglich die Hängung von Bildern in Museen. Der Begriff Accrochage wurde dann von Galeristen aufgegriffen und für die Bezeichnung von Ausstellungen aus den eigenen Beständen einer Kunstgalerie verwendet, wobei meist Werke verschiedener Künstler gezeigt werden. Diese Accrochage steht für eine Zusammenführung der Werke der ersten drei Einzelausstellungen, die in der Tommy M Gallery stattgefunden haben. Damit möchten wir einerseits all jenen, die nicht die Gelegenheit hatten, die vergangenen Ausstellungen zu besuchen, einen Einblick in das Werk der drei unterschiedlichen Künstler ermöglichen. Andererseits werden durch die Gegenüberstellung der Arbeiten, die verschiedenen Ansätze und Ausführungen der drei Künstlerpersönlichkeiten deutlich erkennbar und der Diskurs dadurch erweitert.
Die monumentalen, abstrakt-expressiven Bilder von Kurt Kellner treffen auf die feinstofflichen, rhythmisierten, informellen Gemälde von Bertram Castell und auf die kritischen, surrealistischen, mit Wortwitz versehenen Arbeiten von Brandy Brandstätter.
Mit der Ausstellung Holzwege hat Kurt Kellner im September 2022 diese Räumlichkeiten zum ersten Mal bespielt. Er arbeitet vorzugsweise in Werkzyklen, die meist in Bezug zu philosophischen oder literarischen Abhandlungen stehen und wurde durch seinen Aufenthalt in den USA in jungen Jahren vom amerikanischen abstrakten Expressionismus inspiriert. Sein ganzer Schaffensprozess spiegelt die intensive Auseinandersetzung mit dem persönlich Gefühlten, Gedachten und Wahrgenommenen wider und ist geprägt von einer dynamischen, gestisch-abstrakten Bildgestaltung. Es sind Bewegungsabläufe, das Werden und Wachsen und dessen fortwährende Veränderung, die wir in seinen großformatigen Bildern lesen können. Zwischen dem Künstler und dem Bild entsteht ein Dialog, ein Prozess des Agierens und Reagierens, der in der fertigen Komposition anhand der Malspuren bis zu einem gewissen Grad noch nachvollziehbar ist. Diffuse, meist grau-weiße Flächen lassen vorangegangenes noch durchblitzen, filigrane Linien legen sich wie ein Netz darüber, Drippings fließen dazwischen herunter und feine hinein gekratzte Spuren bringen den Untergrund wieder zum Vorschein. Luka Anticevic, Gründer der Freien Akademie der bildenden Künste Kärnten, bringt es auf den Punkt: „Es scheint, als wäre es den einander beeinflussenden Kompositionsdetails aufgebürdet, in einem einzigen Moment, in einem einzigen Zustand das Erscheinende und das Verschwindende in einem Bild zu verknüpfen.“ Für Kurt Kellner selbst hat die Malerei sehr viel mit Sprache zu tun, die jedoch unzureichend wäre, um das auszudrücken, das er mittels der Malerei aussagen kann.
Während Kurt Kellner das Unsagbare in seinen Bildern zum Ausdruck zu bringen versucht, verhält es sich mit den Werken von Brandy Brandstätter genau umgekehrt. Brandy ist Grafiker – er geht von einer Idee, einem Wort aus und illustriert dies in seinen Arbeiten. Das kann zur Erweiterung eines Begriffs und dessen Veränderung in einen anderen Kontext führen oder zu einer völligen Neuinterpretation, die auf einem Wortwitz basiert, wie zum Beispiel bei dem Objekt Flugschreiber, – ein Federkiel, mit zwei Federn als Flügel versehen, der in einem Vogelkäfig schwebt. Durch die Sujets und die exakte Malweise stehen seine Gemälde dem Surrealismus nahe und seine Objekte sind in ihrer Dekontextualisierung dem Dadaismus verwandt. Brandy Brandstätter fordert uns in seinem Werk zum genauen Hinschauen auf und regt uns zum kritischen Nachdenken an, wobei der Fokus seiner Arbeiten auf der Natur und dem Umgang der Menschen damit liegt. Mit dem Titel seiner zuletzt gezeigten Ausstellung in der Tommy M Gallery Weitsichtig – die Dr. Heimo Strempfl, Leiter des Musil Museums in Klagenfurt, so treffend mit den Worten – bis hinter den Horizont – ergänzt hat, ermutigt Brandy jeden Einzelnen aufmerksam durch die Welt zu gehen und Weitsicht walten zu lassen.
Die Natur steht wiederum auch im Mittelpunkt der Gemälde von Bertram Castell, wobei er eine ganz andere Herangehensweise verfolgt. Er schöpft aus dem Kontakt mit ihr und arbeitet – wie er selbst sagt – parallel zur Natur. Sie ist ihm ewige Inspirationsquelle, während die Umsetzung in Rhythmik durch seinen dynamischen Duktus im Atelier erfolgt. Der künstlerische Prozess geschieht dabei nicht aus dem Intellekt, sondern entsteht aus der synästhetischen Übersetzung der beobachteten Naturereignisse. Das heißt, er bildet diese nicht ab, sondern gibt ihre wahrgenommenen Abläufe wieder. Es ist die Lebendigkeit der Natur, ihre fortwährende Veränderung, ihre Schwingung, das Flimmern der Farben bis hin zur Vibration der Luft, die der Künstler in seinen Arbeiten übermittelt. Seine Gemälde und Zeichnungen beinhalten die Gesamtheit, wie ein Fraktal, bei dem das kleinste Teilchen immer das Ganze widerspiegelt. In Bertram Castells impulsiv-expressiven Werken werden diese Eindrücke als sich wiederholende Kürzel erkennbar, die eine – fast akustisch wahrnehmbare – Rhythmik ergeben. Wir können sozusagen seiner Malweise lauschen – nicht umsonst spricht Peter Baum, Gründungsdirektor des Lentos Kunstmuseum Linz, von der „Partitur Landschaft“ in seinem Text über Castells Tuschezeichnungen von… Bertram Castells künstlerisches Oeuvre ist kunsthistorisch gesehen der Stilrichtung des Informel zuzuordnen, da keine Form abgebildet wird und der künstlerische Prozess keinen Regeln unterliegt, sondern dem eigenen Impuls und seiner Spontaneität folgt. Als Künstler ist Bertram Castell jedoch konsequent seinen eigenen Weg gegangen, ohne auf modische Tendenzen des Kunstmarktes zu achten. Er sagt selbst: „Man kann nur das machen, was man in sich trägt.“ Und das wiederum trifft hier eindeutig auf alle drei Künstler zu.
Elisabeth Th. Winkler
DIE FOTOS ZUR ACCROCHAGE