Zur Ausstellung und den Werken von Brandy Brandstätter
Ausstellungszeitraum: 01.12.22 – 12.01.23
Künstler: Brandy Brandstätter
Kulinarik: Catering Schneeweiß
Charity: Caritas Kärnten, Eggerheim – Tagesstätte für obdachlose Menschen
Fotos: Dieter Resei, Renè Fadinger
Weitsichtig – bis hinter den Horizont
„Hinterm Strich“ – das war der Titel der letzten Ausstellung, die der Künstler Brandy Brandstätter in Klagenfurt präsentiert hat. Im Sommer des Jahres 2022, im Stift Viktring, gemeinsam mit seinem Künstlerkollegen Herbert Janesch. Veranstalter war damals der Verein „Klangforum Carinthia“. Und nicht nur die Mitglieder des Klangforums, konnten damals sehen, wie Brandy seinen Wortwitz mit Objekten illustriert, auch im Rahmen von Brandys Ausstellung in der Tommy M Gallery ist das möglich. Der Künstler hat nämlich den Schädel eines Vogelskeletts, das so genannte „Cranium“, um zwei Federn erweitert und so ein „Flügelhorn“ der ganz anderen Art erzeugt. Nein, ist es nicht umgekehrt, das Objekt ist mit einem, ironisch gehaltenen, Titel versehen worden. Aber was war zuerst da, der Vogel oder das Ei? Eine Frage, über die man / frau lange diskutieren kann. Dieses Objekt, das „Flügelhorn“ ist auch in der „Tommy M Gallery“ zu sehen, gleichsam als verbindendes Element.
Brandy kann möglicherweise selber nicht genau sagen, was am Beginn seiner Objektsammelleidenschaft gestanden ist. Waren es die Crania, oder vielleicht doch die Straußeneier? Beide Arten von Objekten lässt er immer wieder in seine Kunst einfließen. Und die Kunst in seine professionelle Tätigkeit. Wenn es darum geht, ein Wohnprojekt für junge Familien eingängig darzustellen, ein Projekt am Wiesensteig vielleicht, dann spricht man / frau im Hause Brandy von einem „Nistplatz“ und illustriert das Vorhaben mit einem Vogelnest. Die Kunst und die Professionalität liegen eng beieinander, bei diesem „Grafiker im weißen Haus“ in der Bahnhofstraße 10 in Klagenfurt! Den Graphikdesigner Brandy Brandstätter musste man schon im Jahr 2016 in Klagenfurt nicht gesondert vorstellen. Man / frau kennt ihn einfach. Aber ich freue mich immer noch sehr darüber, dass Brandy seinen ersten Schritt in die Öffentlichkeit als Künstler, vierzig Hausnummern weiter unternommen hat, in der Bahnhofstraße 50. Dort befindet sich das Robert Musil Literatur Museum der Landeshauptstadt Klagenfurt. 2016 ist Brandy damals als Künstler buchstäblich hervorgetreten – mit seiner Hommage an die Dichterin Ingeborg Bachmann. Brandys Freund und Kollege Dieter Resei, der das öffentliche Erscheinungsbild des Musil Museums betreut, war damals der Meinung, es solle verstärkt um den Künstler Brandy gehen. Diese Einschätzung war, Crania und Straußeneier inklusive, völlig richtig!
Und seither ist viel passiert. Brandy hat in Pörtschach ausgestellt, in der Galerie ZUGängliche Kunst. Er wurde dazu eingeladen, eine Installation für den Klagenfurter Dom zu gestalten. Im Jahr 2022 hat er uns zudem darauf aufmerksam gemacht, dass der Botanischen Garten in Klagenfurt ein Ausstellungsort sein könnte und, mehr noch, ein Platz urbanen Lebens. In Frühjahr des vorigen Jahres durfte er den Park des Schlosses Schönbrunn „bespielen“ und später wie bereits erwähnt das Stift Viktring.
Die Ausstellung, welche Brandy in der „Tommy M Gallery“ zeigt, trägt den Titel „Weitsichtig“. Man könnte diesen Titel noch ergänzen und sagen: „Weitsichtig – bis hinter den Horizont“. Denn in einer seiner neuen Arbeiten lässt Brandy Brandstetter eine, wahrscheinlich, männliche Figur, für die er keine näheren Bezeichnungen verwendet, gleichsam hinter den Horizont blicken. Es sieht ein wenig so aus, als würde diese Figur auf einen der großen Salzseen im US-amerikanischen Bundesstaat Utah hinaus sehen.
Auch dort trifft eine helle Fläche auf einen dunkelblauen Himmel. In einer Variation dieses Themas hat die menschliche Figur nicht nur den Himmel vor sich, sondern auch pilzartige Gebilde. Aber die Assoziation, was Pilze angeht, möchte ich an dieser Stelle – angesichts dessen, wovon diese Tage geprägt sind – des Krieges zwischen Russland und der Ukraine nämlich gar nicht weiter verfolgen. Wir leben in einer Zeit, in der darüber spekuliert wird, ob es im Zuge dieses Krieges zum Einsatz von Atomwaffen kommen könne. Brandys Figur blickt auf den Horizont hinaus, aber was sieht sie dahinter, kleinere Völker, auf deren Gebieten Atombombentests durchgeführt wurden, sieht sie „die Schoschonen in Nevada, die Bewohner des Pazifikatolls Rongelap, die Nenzen auf dem sowjetischen Testgebiet Novaja Semlja oder auch die Samen in Skandinavien, die über Jahre hinweg dem radioaktiven Fallout ausgesetzt sind“? Die meisten Testgelände, so der Journalist Günther Wessel im deutschen Nachrichtenmagazin „Der SPIEGEL“ (vom 17. März 2017), seien nur „unzureichend gesicherte Endlager für Radioaktivität – tickende Zeitbomben“.
Von Brandys Ausstellung im Botanischen Garten in Klagenfurt war schon die Rede. „Schutzwechsel“ war der Titel und selbstverständlich stand die Natur im Fokus. Und auch in der Ausstellung in der Tommy M Gallery ist das nicht anders. Wenn in einer anderen Arbeit zwei Augen direkt aus diesem, belassen wir es beim Salz eines Sees, herausblicken, dann ist das nicht nur eine graphische „Spielerei“ oder eine Art „Ornament“. Dass die Arbeiten von Brandy Brandstetter technisch erstklassig gestaltet sind, das muss uns der Künstler nicht erst beweisen. Brandy fordert uns sozusagen auf, einen Blick auf die Natur zu werfen und, nicht nur was den Umgang mit der Natur betrifft, Weitsicht walten zu lassen.
Ich wiederum darf mir erlauben, Sie aufzufordern einen Blick, einen zweiten, sehr viele Blicke auf die Arbeiten des Künstlers Brandy Brandstätter zu werfen, in dem ich den Titel der Ausstellung, die Brandstätter 2019 in der Alpen-Adria-Galerie in Klagenfurt gezeigt hat, zitiere. Der Titel lautete, schlicht und ergreifend: „Schau!“
Heimo Strempfl
DIE FOTOS ZUR AUSSTELLUNG